Was macht man, wenn man auf einer kleinen Insel im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft wohnt und beruflich viel unterwegs ist. Man kann über die langen Wege verzweifeln. Oder man macht als Bleisure Trip den Weg zum Ziel und sucht sich schöne Orte auf der Strecke – als Zwischenstopp, zum Arbeiten unterwegs und als Inspiration.

Weimar liegt auf dem Weg nach Frankfurt

Zumindest, wenn man wie ich auf Ummanz wohnt. Ummanz ist eine Halbinsel zwischen Rügen und Hiddensee und hat sich in der Pandemie vom Hideaway für die Hamburger Globetrotterin zu meiner Wahlheimat verändert. Schnelles Glasfasernetz machen die kleine Schwester Rügens zur perfekten Remote Work Location.
 
Mein „Happy Place“ hat jedoch auch einen Haken – es liegt völlig „ab vom Schuss“. Der nächste Airport Hamburg oder Berlin ist 3 Stunden entfernt, die Bahnverbindungen lassen zu wünschen übrig und ich mag einfach kein Zugfahren. So bleibt eigentlich nur das Auto als Fortbewegungsmittel und in der Fahrtzeit kann man nicht arbeiten.
 
Für mich ist die Einöde beruflich quasi ein Disaster, denn ich bin viel unterwegs. Meist in Süddeutschland, der Schweiz oder sogar Südafrika. Wenn es gut läuft mit geringerer Entfernung in Hamburg oder Berlin. Das Reisen ist ein fester Bestandteil meines Business und gehört zu meiner Marke.
 
Nun gibt es verschiedene Wege, mit dieser eher ungünstigen Lage meines Wohnortes umzugehen. Man legt seinen Lebensmittelpunkt wieder an einen zentraleren Ort wie Hamburg – das kommt nicht mehr in Frage. Man hat sehr lange An- und Abreisetage vor den Meetings und Veranstaltungen und ist dann müde und steigert sich gedanklich schon Tage vorher in diese Stresssituation. Oder man gestaltet jede Geschäftsreise als Bleisure Trip mit Zwischenstopps. Ich bin ein Fan der Variante drei. Wenn ich weiß, dass ich statt vielleicht 10 Stunden nur 5 Stunden pro Tag im Auto verbringe, ab mittags Bewegung habe und auch endlich die Mails etc. in Ruhe abarbeiten kann, ist das für mich ein ganz anderes Gefühl. Dann freue ich mich auf den „Roadtrip“ und Work wird zum Lifestyle. Die Pause auf der Strecke plane ich dann meist so, dass ich neue Städte oder Destinationen kennenlernen kann. Die perfekte Kombination von Arbeiten und Reisen eben.

Dieses Mal muss ich wieder mal nach Frankfurt und prüfe auf Google Maps die Strecke. Über Hamburg war beim letzten Mal Stau und die Strecke ist nicht attraktiv für mich. Warum nicht eine Tour durch den „Wild East“. Dort gibt es immer noch viele Orte, die ich nicht kenne. Und so verschlägt es mich nach Weimar – ins Land der Dichter und Denker.

Auf den Spuren von Goethe und Schiller

Früh geht es los auf der Insel, damit auch genügend Zeit ist, auf den Spuren von Goethe und Schiller durch die Stadt zu schlendern. Die Strecke durch die Uckermark und über die A9 mag ich und ich komme gegen Mittag ohne Stau in Weimar an.

Mein “Zuhause auf Zeit” ist das „Grand Hotel Russischer Hof“, das am Pulsschlag und im Herz der Stadt gelegen ist. Und ich fühle mich auf Anhieb wohl. Das Haus, das der Living Hotels Gruppe gehört, hat einfach etwas Besonderes. Klassische Eleganz und ein Hauch der Geschichte schlägt mir beim Eintreten entgegen. In den Boden des Foyers ist zur Begrüßung des Gastes eine Plakette eingelassen mit dem Zitat Franz Liszts “Bon Soir, ihr Lieben!” Wie schön!
Viele kleine Nischen und Sitzecken und damit auch Möglichkeiten, in Ruhe zu arbeiten. Der Empfang an der Rezeption ist sehr freundlich. Mein Auto wird vom Wagenmeister auf den Parkplatz gefahren und das Gepäck auf das Zimmer gebracht. Wo gibt es denn so etwas noch?

Ich gehe in der Zwischenzeit ins Kaffeehaus und fühle mich dort wie in Wien. Beim charmanten Barista bestelle ich einen Espresso. Die Spezialität des Hauses, die Maria Pawlowna-Torte, verkneife ich mir. Ein so entspanntes Ankommen hatte ich lange nicht. Ich klappe meinen Laptop auf und wähle mich in mein Online-Meeting ein. Ein Teams-Hintergrund ist nicht nötig, das Ambiente ist so schön. Und das WLAN funktioniert. Mein Kunde fragt auch gleich interessiert, wo ich bin. Wie gesagt, Travel ist mein Business und das „Arbeiten von überall“ quasi meine Marke. Mein Netzwerk ist enttäuscht, wenn sie mich zuhause erwischen.

Nach dem Call füllt sich das Kaffeehaus und ich gehe auf mein Zimmer. Und dort verfestigt sich mein Gedanke – ich fühle mich wie eine Prinzessin in einem Schloss. Die Einrichtung ist „old school“ und prachtvoll, aber im positiven Sinne und wirklich sehr gemütlich. Ich erspähe einen geräumigen Schreibtisch und eine Sitzecke – perfekt zum Arbeiten. Und das mache ich dann auch und checke schnell die wichtigsten Mails. Der Stuhl am Desk ist bequem, ich habe ausreichend Steckdosen und angenehmes Licht. Und neben mir ist gleich meine geliebte Nespresso-Maschine. Auf dem Tisch gibt es etwas Obst und Wasser – ich bin begeistert. Und fühle mich wie in eine andere Zeit versetzt – mir gefällt diese mondäne Arbeitsatmosphäre und ich kann konzentriert meine „To-Dos“ erledigen.

Dann merke ich aber, dass ich dringend Bewegung und frische Luft brauche – also ab in die Stadt. Vom Hotel kann man alles fußläufig erreichen. Und so bewege ich mich auf den Spuren der Dichter und Denker durch Weimar, bummle durch die schöne Altstadt und mache noch einen Abstecher ins Bauhaus Museum. Nach gut 3 Stunden habe ich genug Inspiration getankt und mein Schritte-Pensum ist auch erreicht. Zurück im Hotel bereite ich den kommenden Tag in Frankfurt vor und bekomme Hunger. In der Stadt nach einem Restaurant suchen? Ach nein, ich gehe einfach ins „Franz“, das Restaurant im „Russischen Hof“. Die Karte ist sehr ansprechend und auch hier gefällt mir auf Anhieb das klassische Interieur. Ich bin früh und so ist es auch nicht sehr voll. Der Service ist sehr aufmerksam und natürlich freundlich und ich lerne, dass Weimar sogar ein eigenes Bier hat. Das schmeckt fast so gut wie mein Ratsherrn. Und auch der frische Spargel ist lecker.

Happy und mit vielen neuen Eindrücken gehe ich zeitig zu Bett. Denn es geht am nächsten Morgen früh weiter nach Frankfurt. Das sind dann nur noch knapp 3 Stunden Fahrt – für mich Inselkind ein Klacks. Ausgeruht starte ich in den neuen Tag – das Bett war gemütlich, das Zimmer ruhig wie auf Ummanz und ich bin topfit. Das war bestimmt nicht mein letzter Besuch in der Kulturstadt – Weimar, ich komme bald wieder.

Recommended Posts