Tagelang sitze ich im kalten Deutschland am Schreibtisch und die „TO-DO Liste“ wird immer länger statt kürzer. Winter Blues? Es fehlt einfach der Ausgleich zur Arbeit. Die Straßen sind vereist – Outdoor-Aktivitäten wie Radfahren und Joggen sind nicht möglich. Das führt bei mir dazu, dass die Produktivität und Motivation gegen null gehen. Gut bin ich in meiner Arbeit nur mit vielen Unterbrechungen, wenn ich am Tag nur ein gewisses Zeitfenster zum „Abarbeiten“ habe und ansonsten unterwegs bin.
Das mag sich nun für den einen oder anderen etwas seltsam anhören, aber jeder hat eben seinen eigenen Arbeitsrhythmus und Schlüssel zum Erfolg. Bei mir ist in solchen Situationen „Gefahr in Verzug“ und ich muss etwas ändern.
Ab ins Warme, beschließe ich. Ein Ortswechsel hat mir schon immer geholfen – eine Auszeit irgendwo im Süden, der Flug sollte nicht zu lang und nicht zu teuer sein. Eine Destination an der Küste, die ich noch nicht kenne und die sich für Remote Work gut eignet. Die Algarve kommt mir in den Sinn. Freunde sind vor Jahren ausgewandert und schwärmen und ich entscheide: das ist ein guter Ort, um die Akkus aufzuladen und sich neue Ziele für das kommende Jahr zu setzen.
Portugal – der Geheimtipp für die digitale Bohème
Gesagt, getan! Der Flug nach Faro ist schnell gebucht und die Reise beginnt. Wie herrlich ist es, bei minus 1 Grad und Eisregen das Land zu verlassen.
Portugal empfängt mich bei 20 Grad und Sonne. Unglaublich, wie schnell die Energie durch Wärme, andere Luft und neue Eindrücke zurückkehrt.
Was ich vorher nicht wusste – Portugal hat vielfältige Möglichkeiten für Remote Work und ist für die digitale Bohème längst zum Geheimtipp geworden, gerade im Winter.
Unzählige Deutsche, Holländer, Engländer und Österreicher sind hier unterwegs, teilweise in Wohnmobilen oder Bullis. An den Supermärkten gibt es Münz-Waschmaschinen und in Lagos im Coffee Shop sitzen all diese digitalen Nomaden mit Laptop – das hätte ich so nicht erwartet. Stark!
Gerade hat die portugiesische Regierung ein neues Visum für 2023 für die „digitalen Nomaden“ angekündigt. Man möchte damit einen Anreiz für einen längeren Aufenthalt im Land schaffen, wie es auch schon in anderen Ländern umgesetzt wird. Dabei gibt es zwei Visum-Optionen: einmal für einen kurzen Aufenthalt bis zu einem Jahr und in der zweiten Kategorie für diejenigen, die langfristig in Portugal leben und arbeiten möchten.
Um für die zweite Option in Frage zu kommen, müssen Remote Worker ein monatliches Einkommen nachweisen, das viermal so hoch ist wie das derzeitige Mindesteinkommen in Portugal (derzeit bei 750 €) und einen Arbeitsvertrag oder den Nachweis erbringen, dass sie selbstständig sind.
Das Visum kann beim portugiesischen Konsulat im Heimatland beantragt werden. Wenn sich der Antragsteller bereits in Portugal befindet, kann er das Visum bei der SEF, der portugiesischen Grenzschutzbehörde, beantragen. (Nähere Infos unter https://www.globalcitizensolutions.com/portugal-announces-digital-nomad-visa-2022/)
Flüge von Deutschland nach Portugal dauern maximal dreieinhalb Stunden, dem Besuch von Freunden und Kollegen vor Ort steht also kein großer Aufwand im Wege. Die Zeitverschiebung zwischen dem portugiesischen Festland und Deutschland beträgt nur eine Stunde, Video-Konferenzen mit Kollegen und Geschäftspartnern zu Hause finden einfach während der üblichen Arbeitszeiten statt. Und sicher ist es auch im Land. Was will man mehr?
Freedom of Life in Portugal
Alternativ im Bulli bin ich nicht unterwegs. Ich wohne in einem Ferienhaus von „Seven Collection Portugal“, das wirklich ganz zauberhaft ist. Im kleinen Fischerdorf Salema, in der Nähe von Lagos.
„Seven Collection“ ist eine kleine und feine Auswahl von Ferienhäusern und Ferienapartments, die von der Inhaberin Annabel Pohl stilvoll und authentisch gestaltet sind. Mir fällt besonders auf, dass in dem Ferienhaus neben dem sehr geschmackvollen Interior Design auch auf Sicherheitsaspekte geachtet wurde. Es gibt einen Feuerlöscher und Rauchmelder sowie einen Verbandskasten. Diese „Notausrüstung“ findet man durch eine entsprechende Beleuchtung auch im Dunkeln.
Gerade für Firmen, die ihren Mitarbeitern eine Workation ermöglichen, ist das ein wichtiges Haftungs- und Versicherungsthema. Meine Beratungskunden weise ich darauf regelmäßig hin, wenn mal wieder eine Sharing-Unterkunft ohne entsprechende Ausstattung gebucht und damit die Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nicht erfüllt wird.
In Hotels gibt es vorgeschriebene Sicherheitsstandards, in privaten Ferienwohnungen, gerade im Ausland, meist nicht. Als positiv empfinde ich ebenfalls, dass sich wenige Gehminuten entfernt das Büro von „Seven Collection Portugal“ befindet, so dass ich bei Fragen einen Ansprechpartner vor Ort habe. Das sympathische Host-Ehepaar aus Deutschland ist außerhalb der Öffnungszeiten mobil erreichbar.
Mein kleines Hideaway über zwei Etagen liegt direkt am Meer – das Rauschen ist den ganzen Tag und auch in der Nacht zu hören und wirkt auf mich beruhigend.
Mir gefällt es dort auf Anhieb sehr gut. Im Dezember sind kaum Touristen in Salema, es ist ursprünglich und ruhig und bietet für mich damit eine ideale Arbeitsatmosphäre. Rechts und links neben meinem Ferienhaus wohnen Einheimische. Ich fühle mich so wohl, dass ich diesen schönen Ort gar nicht verlassen muss und auch gerne im und am Haus bleibe – das ist bei mir das größte Kompliment. Nach ein paar Tagen stellt sich so etwas wie ein positiver Alltag ein: morgens arbeiten, dann joggen und schwimmen und danach nochmal an den Laptop. Nachmittags besuche ich meine Freunde oder bummle durch Lagos und wenn die Sonne gegen 17.30 Uhr langsam untergeht, ist es noch warm genug, um auf der Terrasse produktiv zu sein. Quasi ein perfekter Tagesablauf – ich entwickle neue Ideen, mache mir Gedanken zu geplanten Projekten im Jahr 2023 und schreibe sogar endlich die Rechnungen, nach denen Kunden mich schon mehrmals gefragt haben. Ich bin im Flow und so erleichtert, dass es mit meiner Arbeit wieder voran geht, ich aus der gedanklichen „Sackgasse” raus bin.
„Cappuccino mit Schaum trinken“ – Working Mom & Dad an der Algarve
Für die letzten drei Tage meiner kleinen Reise wechsle ich die Location und mache einen Abstecher ins Martinhal Resort in Sagres, nicht weit entfernt von Salema. Ganz unten an der Spitze der Algarve, das Kap Portugals sozusagen.
Dort bietet sich ein komplett anderes Szenario, denn das Martinhal hat sich komplett auf „Working Mom & Dad“ ausgerichtet. Ein Familienhotel mit Kinder- und Jugendclub und High Life beim Frühstücksbuffet. Die Zimmer und Villen sind familienfreundlich und lässig gestaltet, haben aber auch einen Schreibtisch bzw. einen Tisch zum Arbeiten und sind sehr geräumig.
Der Unterschied zu meinem Ferienhaus im kleinen Fischerdorf ist extrem und ich muss erstmal durchatmen und die vielen Familien mit Kindern „verkraften“.
Doch nach einem halben Tag und einigen Stories zum Hintergrund des Resorts, revidiere ich meine Meinung und denke „großartiges Konzept.“ Das Inhaber-Paar Stern hat dort am Kap der Algarve etwas Einzigartiges geschaffen. Mit selbst 4 Kindern haben sie ihre Hotels nach eigenen Erfahrungen und Kriterien gestaltet. „Ich möchte, dass auch Mütter einmal einen Cappuccino mit Schaum trinken können, weil die Kids in der Betreuung oder in der Spielecke im Frühstücks-Restaurant sind“, so das Motto von Chitra Stern.
Oder eben, dass „Mom & Dad“ auch im Family-Urlaub einen wichtigen Call in Ruhe erledigen können. Und das ist auch das Bild, das sich mir bietet – der Papa läuft mit Headset über das Gelände und telefoniert, während die Kids im Club toben und spielen. Die Mutter klinkt sich kurz mit dem Laptop aus, um ein paar Mails zu checken.
Und wenn es sein muss, fliegt einer von beiden kurz zu einem Meeting nach Hause, der Airport Faro ist nur eine gute Stunde entfernt. Und die Familie kann in der Sonne bleiben. Denn warum sollte es Familien anders gehen als mir mit dem Winter Blues.
Gerade die geräumigen Villen eignen sich auch für einen längeren Aufenthalt. Den Hotelservice können die Gäste individuell in Anspruch nehmen oder sich auch einfach selbst verpflegen. Auf dem Gelände gibt es einen kleinen Supermarkt, in Sagres oder spätestens in Lagos ist das Angebot an Geschäften sehr umfassend. Wenn also die berufliche Action-Liste mal länger ist als geplant und neben der Family keine Zeit zum Einkaufen ist, geht man einfach zum Frühstücks- oder Lunch-Buffet oder am Abend ins Restaurant – ohne gegenüber Kindern intolerante Hotelmitarbeiter oder Gäste.
Übrigens gibt es neben dem Martinhal in Sagres weitere Häuser nach der gleichen Philosophie in Quinta, Cascais/Lissabon und Chiado/Lissabon. Ganz nach dem Motto „Spread the Working Mom & Dad-Vibe“ werden dieses Jahr dann noch die Martinhal Residences in Lissabon eröffnet.
Nach 9 Tagen fliege ich gute gelaunt, voller neuer Eindrücke und mit einer abgearbeiteten Action-Liste zurück nach Hamburg. Gute Entscheidung – so eine Workation im Winter, eine Auszeit zum Arbeiten an der Algarve in Portugal, kann ich jedem empfehlen.
Corinna Döpkens, Business Travel & Mobility Expertin